00:00:00: MIT TELETEXT-UNTERTITELUNG
00:00:04: ? Mama, Mama, Mama, Mama, Mama. Hey. ?
00:00:15: Hallo und herzlich willkommen zu dieser Podcast-Folge
00:00:18: «Mythen, Fakten, Klartext»
00:00:21: «Frauen fragen, wir antworten».
00:00:24: Wir gehen heute das Thema «Verspannter Beckenboden» an.
00:00:29: Dazu ist meine Gesprächspartnerin,
00:00:33: Beckenbodenphysiotherapeutin Caroline.
00:00:35: Caroline, ganz herzlich willkommen.
00:00:37: Vielen Dank.
00:00:40: Zuerst direkt die Frage an dich.
00:00:43: Du hast eine Beckenbodenphysiopraxis oder eine Physiopraxis.
00:00:48: Was triffst du in der Praxis über den Taumengepeilt häufiger an?
00:00:54: Eher ein schwacher Beckenboden oder ein verspannter Beckenboden?
00:01:00: Also ein Beckenboden mit zu wenig Muskeltonus.
00:01:03: Wenn ich es schwach beschreiben würde,
00:01:06: wäre es ein Beckenboden mit zu viel Muskeltonus.
00:01:10: Das ist eine spannende Frage,
00:01:13: über die ich noch nicht so häufig nachgedacht habe.
00:01:16: Aber ganz spontan würde ich sagen,
00:01:19: dass es grundsätzlich eher ein schwacher Beckenboden ist.
00:01:23: Was aber eigentlich auffällig ist,
00:01:26: ist, dass ich ganz viele Frauen in der Praxis treffe,
00:01:30: die mit der Idee kommen, sie hätten einen zu schwachen Beckenboden.
00:01:36: In der Realität, bei der Untersuchung, merken wir dann aber,
00:01:40: nein, eigentlich ist er gar nicht schwach, sondern eher verspannt.
00:01:43: Das ist eigentlich das Aufwändigere.
00:01:46: Okay. Wir kommen dann nachher zu dieser Frage,
00:01:51: weshalb das dieselben Symptome bereiten kann.
00:01:54: Aber zuerst einmal die Frage,
00:01:56: was ist überhaupt ein verspannter Beckenboden?
00:02:00: Was bedeutet es, wenn ein Beckenboden verspannt ist?
00:02:04: Kannst du das umreissen
00:02:06: und auch vielleicht gegenüber einen schwachen Beckenboden stellen?
00:02:12: Verspannter Beckenboden ist eigentlich,
00:02:16: dass die Beckenbodenmuskulatur dauerhaft oder konstant
00:02:20: in einem erhöhten Spannungszustand ist.
00:02:24: Das kann dann zum Beispiel zu einer reduzierten Funktionalität führen.
00:02:29: Wir kommen da noch genauer drauf.
00:02:32: Aber es ist eigentlich so, dass die Muskeln zwar kräftig sind,
00:02:36: also es liegt nicht eben eine Schwäche vor,
00:02:40: aber sie sind in der Elastizität
00:02:43: und auch in der Reaktionsfähigkeit eingeschränkt oder gestört.
00:02:48: Und das führt dann eben paradoxerweise wiederum
00:02:51: oder kann zu einer Inkontinenz führen.
00:02:56: Das ist dann wiederum die Idee,
00:02:59: warum dann viele Frauen finden, dass sie einen schwachen Beckenboden haben.
00:03:03: Es gibt überschneidende Faktoren.
00:03:08: Kann ich mir das so vorstellen? Ich finde es immer ein bisschen schwierig,
00:03:12: weil wir den Beckenboden nicht sehen.
00:03:15: Dann die Vorstellung, wenn ich hier den Bizeps anspanne,
00:03:18: dann wäre ich mit dem Beckenboden in dieser Dauerspannung.
00:03:20: Oder wie muss ich mir das vorstellen?
00:03:23: Ja, genau. Der Körper hat wie verlernt, zu entspannen.
00:03:28: Und diese dauerhafte Anspannung
00:03:31: wird dann eigentlich als der Normalzustand wahrgenommen.
00:03:35: Und das heisst ja auch, wenn ich hier bin,
00:03:37: habe ich gar nicht mehr gleich viele Optionen,
00:03:40: diesen Muskel anzuspannen.
00:03:42: Ist es auch dasselbe beim Beckenboden?
00:03:43: Also wenn der schon in einer gewissen Spannung ist,
00:03:46: kann ich dort die Hebebewegung eigentlich gar nicht mehr wirklich ausführen.
00:03:50: Ja, genau. Entweder wirklich gar nicht mehr,
00:03:53: wenn es ein ganz extremer Hypertonus, also eine extreme Überanspannung ist.
00:03:57: Oder einfach nur noch in einem kleinen Rahmen mehr anspannen
00:04:01: oder eben dann auch kaum noch entspannen.
00:04:04: Okay, das ist doch schon super hilfreich.
00:04:06: Und was sind Auslöser für so einen verspannten Beckenboden?
00:04:12: Die sind natürlich vielfältig.
00:04:14: Als Erstes sagt man häufig eben Stress.
00:04:18: Chronischer Stress ist eine häufige Ursache.
00:04:22: Das ist natürlich immer so ein schwieriges Thema.
00:04:24: Was ist denn Stress und wann ist es Stress?
00:04:27: Aber wenn der Körper in so einem Fight-or-Flight-Modus ist,
00:04:31: also Kampf oder Flucht,
00:04:32: dann kommt es halt viel häufiger zu so einer Daueranspannung.
00:04:37: Ein weiterer Faktor ist halt natürlich die Wahrnehmung.
00:04:41: Also wenn die Wahrnehmung gestört ist von der Frau
00:04:46: und dann eben, wie ich vorhin schon angemerkt habe,
00:04:49: die Frau das Gefühl hat, ah ja, ich bin total entspannt.
00:04:52: Dabei ist es dauerhaft angespannt, dann führt das halt auch dazu.
00:04:59: Was sonst noch ein großer Faktor ist, ist das Thema Geburt, Geburtstrauma
00:05:05: oder eben auch gynäkologische Operationen.
00:05:09: Die hinterlassen halt auch nicht selten so eine Überanspannung,
00:05:13: einfach auch als Schutzfunktion, dass der Körper dann quasi wie so sagt,
00:05:18: wir spannen lieber mal ein bisschen mehr an als nötig
00:05:21: oder spannen überhaupt an, um einfach den Beckenboden auch zu schützen
00:05:25: und dann auch wieder vergisst zu entspannen,
00:05:28: sodass das zu einem Normalzustand wird.
00:05:31: Dann gibt es noch das Thema Sport als Faktor, auch ein großes Thema,
00:05:37: gerade Sportarten mit einem hohen intra-abdominellen Druck.
00:05:40: Also zum Beispiel Gewichtheben, Crossfit wird da gern genannt,
00:05:49: exzessives Pilates-Training, also alles die Sportarten,
00:05:55: wo wirklich die Bauchmuskulatur extremen Druck ausgeübt ist
00:06:01: oder wie sagt man, ausgesetzt ist?
00:06:05: Genau, danke.
00:06:07: Und da eben auch dann auf der anderen Seite
00:06:11: sich nicht um eine Entspannungsübung gekümmert wird.
00:06:18: Das heißt, es wird immer nur Druck ausgeübt, immer nur angespannt
00:06:21: und eben die Entspannung geht dann wieder vergessen.
00:06:24: Und als Letztes würde ich noch den Faktor sexuelle Traumata gern nennen.
00:06:31: Das ist halt ein ganz häufiger Faktor.
00:06:36: Das zeigen auch Studien, dass es da den Zusammenhang gibt
00:06:39: zwischen einem psychosexuellen Trauma
00:06:41: und einem chronischen Beckenbodenhypertonus
00:06:46: oder einfach auch einer Dysfunktion, also einer Fehlfunktion vom Beckenboden.
00:06:51: Vielen Dank, das war jetzt schon super ausführlich.
00:06:55: Und wir werden später noch auf das Thema Stress und Trauma kurz eingehen.
00:06:59: Aber jetzt noch, was ich hier noch vielleicht ergänzen würde,
00:07:04: wir hatten das Thema auch kürzlich,
00:07:05: auch wenn eine Frau oder ja, es kann auch ein Mann sein,
00:07:08: aber wir haben ja hier hauptsächlich die Frauen,
00:07:11: dauernd den Bauch anspannt.
00:07:15: Erlebst du das auch?
00:07:16: Dass hier einfach, weil man vielleicht immer den Bauch flach halten will
00:07:22: oder was auch immer die Gründe sind,
00:07:24: aber hier eigentlich dauernd den Bauch einzieht,
00:07:26: dass das auch einen Einfluss auf den Beckenboden haben kann?
00:07:29: Ja, absolut.
00:07:30: Genau, das erlebe ich auch ganz häufig in der Praxis.
00:07:32: Und gerade das ist auch ein Thema,
00:07:34: das passiert total im Unterbewusstsein eigentlich.
00:07:39: Da kann man sogar bis zur Kindheit zurückgehen.
00:07:42: Also ich habe immer wieder Patientinnen,
00:07:46: die einen angespannten Bauch haben,
00:07:48: also die konstant den Bauchnabel nach innen ziehen,
00:07:51: eben um auch schlanker zu wirken.
00:07:54: Und wenn ich mit denen so ein bisschen auch in die Tiefe gehe im Gespräch,
00:07:58: dann kommen die ganz häufig und sagen,
00:08:00: ja, meine Eltern haben eigentlich schon in der Kindheit zu mir gesagt,
00:08:03: streck den Bauch nicht immer so raus.
00:08:05: Und dann gewöhnt man sich das quasi schon ganz früh an.
00:08:08: Und auch da, das wird dann zu einem Normalzustand
00:08:11: und man merkt gar nicht, dass das angespannt ist.
00:08:13: Und wenn man aber ständig eben den Bauchnabel einzieht
00:08:16: oder den Bauch einzieht und eine erhöhte Bauchspannung hat,
00:08:20: hat das wiederum Einfluss auf die Beckenbodenmuskulatur
00:08:24: durch diese muskuläre und fasziale Verbindung,
00:08:27: dass auch die dann dauerhaft angespannt wird.
00:08:30: Man kann das ein bisschen vergleichen mit dem angespannten Po.
00:08:35: Also es gibt auch ganz viele Frauen,
00:08:38: die ständig so ein bisschen das Gesäß, den Po zusammenkneifen,
00:08:41: um sich auch zu stabilisieren,
00:08:42: weil vielleicht woanders auch Kraft fehlt für eben diese Stabilisation.
00:08:48: Sehr spannend, wie auch alles zusammenhängt im Körper.
00:08:52: Es ist ja vielleicht jetzt schwierig für mich selber herauszufinden,
00:08:55: ob da jetzt zu viel Spannung da ist oder ob ich dauernd den Bauch angespannt habe.
00:08:59: Gibt es vielleicht Punkte, Merkmale im Körper,
00:09:05: wo ich darauf schauen kann, dass ich jetzt vielleicht merke,
00:09:08: dass ich super viel Spannung im Beckenboden habe,
00:09:10: ohne dass ich jetzt eine Tastuntersuchung mache?
00:09:14: Also es gibt natürlich einen Haufen Symptome,
00:09:19: die auf den verspannten Beckenboden hinweisen.
00:09:24: Eines der häufigsten Symptome sind Schmerzen.
00:09:27: Also dass man plötzlich Schmerzen hat im Beckenboden.
00:09:31: Auch das kann man ganz gut mit einer klassischen Verspannung
00:09:34: in anderen Bereichen vergleichen.
00:09:37: Wenn man jetzt so klassisch eben diese Nackenverspannungen,
00:09:39: wenn man immer so ein bisschen die Schultern hochzieht,
00:09:42: gerade genau, wenn man am PC arbeitet,
00:09:45: das ist jetzt wirklich so der Klassiker, das Vorurteil,
00:09:49: dann hat man ja auch irgendwann Schmerzen, Verspannungsschmerzen
00:09:52: in der Schulter-Nacken-Muskulatur.
00:09:54: Und genau so ist das auch im Beckenboden.
00:09:56: Wenn man immer den Beckenboden angespannt hat,
00:09:58: kann das irgendwann zu Schmerzen führen,
00:10:01: was ja eigentlich gut ist, weil das ja wiederum ein Signal vom Körper ist,
00:10:05: dass irgendwas nicht in Ordnung ist.
00:10:07: Und eben das können Schmerzen direkt im Beckenbodenbereich sein,
00:10:10: aber auch im Unterbauch oder im unteren Rücken,
00:10:13: im Kreuzbein-Steißbein-Bereich.
00:10:15: Das sind so die wichtigsten Orte.
00:10:21: Dann natürlich die Schmerzen beim oder nach dem Geschlechtsverkehr.
00:10:26: Da, was viele Frauen auch wirklich äußern,
00:10:28: sie können zum Teil gar keinen Sex mehr haben,
00:10:31: weil es nicht möglich ist aufgrund der hohen Spannung,
00:10:34: dass der Penis eingeführt werden kann.
00:10:36: Oder natürlich auch schon ein Finger, ein Tampon oder eine Menstasse,
00:10:42: vor allem beim Thema Periode, dass das schwierig wird.
00:10:46: Das ist ein großes weiteres Symptom.
00:10:49: Dann gibt es Inkontinenz als weiteres Symptom,
00:10:55: woran man merken könnte, dass da ein Anspannungsproblem vorliegt.
00:11:00: Eben genauso wie bei der Schwäche, Beckenbodenschwäche,
00:11:04: die ja zu Inkontinenz häufig führt,
00:11:08: kann das eben bei der Beckenbodenverspannung auch so sein.
00:11:13: Einfach durch eine Überlastung vom System
00:11:16: und eine Fehlkoordination dann eigentlich,
00:11:19: also dass das nicht mehr richtig angesteuert wird.
00:11:23: Das sind eigentlich so die Hauptsymptome,
00:11:25: an denen man merken kann, dass da wirklich eine Problematik vorliegt.
00:11:29: Und dann, wie du schon gesagt hast,
00:11:31: dass es eben auch schon problematisch sein kann,
00:11:34: ein oder zwei Finger einzuführen.
00:11:36: Könnte ich das auch selber tasten?
00:11:38: Also wenn ich jetzt selber tasten möchte beim Beckenboden,
00:11:41: wie kann ich feststellen, ob der Beckenboden verspannt ist?
00:11:44: Das ist sogar eigentlich sehr gut, wenn man das macht,
00:11:47: weil man eben dann auch weiss, wie sich das anfühlt.
00:11:50: Also ich empfehle meinen Patientinnen immer,
00:11:53: dass man sich wirklich erst mal einen ruhigen Moment hat
00:11:56: und nicht gerade, wenn in der Wohnung oder im Haus Highlife ist,
00:12:00: dass man sich zurückziehen kann,
00:12:02: dass man sich in eine bequeme Position begibt,
00:12:06: zum Beispiel in Rückenlage, den Oberkörper leicht so angelehnt quasi,
00:12:11: sich gut polstert mit dicken Kissen und Decken,
00:12:15: damit dann letztendlich natürlich auch der Arm lang genug ist,
00:12:18: um selber zu tasten.
00:12:20: Und dann gerne auch irgendwas, ein Öl, eine Creme, ein Gleitgel nehmen,
00:12:27: dass es da schon angenehmer ist.
00:12:29: Und dann kann man versuchen, einen Finger ganz sanft einzuführen erst mal
00:12:33: und sich wirklich Zeit nehmen dabei.
00:12:35: Also es muss nicht innerhalb von wenigen Sekunden passieren,
00:12:38: das von ganz langsam, dass man erst mal den Finger
00:12:40: an die Vaginalöffnung anlegt und dann schaut, was passiert.
00:12:44: Und dann merkt Frau schon relativ schnell,
00:12:49: wie gut kann ich einen Finger einführen.
00:12:51: Und wenn das dann geklappt hat,
00:12:53: dass man den Finger wirklich einführen kann,
00:12:56: dann kann man mal so ringsherum ein bisschen tasten,
00:12:59: wie viel Spannung ist dann auf dem Gewebe.
00:13:01: Oder ist es vielleicht sogar sehr unangenehm,
00:13:03: wenn ich dann auf das Gewebe taste,
00:13:05: dass da wirklich so Muskelstränge sind,
00:13:11: einzelne Triggerpunkte, also diese Muskelverspannungspunkte,
00:13:15: kann man die tasten, gibt es einen speziellen Punkt.
00:13:18: Eben dann kann man auch versuchen, einen zweiten Finger einzuführen
00:13:21: und zu schauen, geht das dann überhaupt.
00:13:24: Meistens ist das dann schon nicht mehr möglich,
00:13:26: wenn man wirklich eine starke Zeherspannung hat.
00:13:31: Okay, super spannend und eben auch praktisch,
00:13:34: weil man das selber machen kann.
00:13:36: Du hast vorhin gesagt, Inkontinenz als Beschwerde ist häufig fehldeutend.
00:13:42: Also Frauen, die inkontinent sind und denken,
00:13:45: sie haben einen schwachen Beckenboden.
00:13:47: Gibt es noch andere Beschwerden, die so schwierig sind
00:13:50: oder die falsch gedeutet werden?
00:13:56: Da würde ich wirklich die Inkontinenz als Toppunkt nennen.
00:14:06: Nein, jetzt gerade fällt mir nichts ein.
00:14:12: Hast du da noch einen Faktor, den du einfügen kannst?
00:14:15: Nein, ich denke auch v.a. an die Inkontinenz,
00:14:17: die häufig hervortritt oder dass man meint,
00:14:23: da ist ganz sicher, ich muss noch mehr Beckenbodentraining machen.
00:14:26: Gerade wenn eine Frau einen verspannten Beckenboden hat
00:14:29: und inkontinent ist, kann das sehr kontraproduktiv sein.
00:14:33: Was natürlich immer sinnvoll ist, wenn man sich selber untersucht,
00:14:37: aber sich dann auch Hilfe holt bei einer Beckenbodenphysiotherapeutin.
00:14:41: Das Beispiel sagen wir immer wieder,
00:14:43: bevor man ein Training startet,
00:14:45: bevor man einfach wild drauf loskegelt oder immer in Spannung geht,
00:14:50: dass man da wirklich auch schaut, was man überhaupt braucht.
00:14:53: Jetzt haben wir einen verspannten Beckenboden vor uns.
00:14:57: Welche einfachen Übungen, wir fangen beim Einfachen an,
00:15:01: bevor wir zur Therapie gehen, gibst du der Frau mit?
00:15:04: Vielleicht zwei einfache Übungen für mehr Entspannung,
00:15:08: die sie ganz einfach im Alltag einbauen kann.
00:15:11: Da fällt mir als Erstes die Atmung ein,
00:15:15: also tiefe Bauchatmung, wirklich bewusst atmen.
00:15:18: Dadurch, dass das Zwerchfell mit dem Beckenboden verbunden ist,
00:15:22: merkt man häufig in der Untersuchung,
00:15:25: dass Frauen mit einem verspannten Beckenboden
00:15:27: häufig sehr oberflächlich nur atmen,
00:15:29: häufig nur eine Brustatmung haben, aber nie eine tiefe Bauchatmung.
00:15:33: Das ist immer Punkt eins, den ich gerne mitgebe.
00:15:37: Das braucht nicht viel Zeit, das braucht kein Material,
00:15:41: das braucht in dem Sinn keine Überwindung.
00:15:43: Das kann man ganz einfach machen.
00:15:45: Es gibt verschiedene Atemübungen.
00:15:47: Ich finde, da kann man sich tatsächlich auch sehr gut
00:15:51: im Internet informieren über verschiedene Atemtechniken,
00:15:54: ob das jetzt 4-7-11 oder 4-7-8 heißt, glaube ich,
00:15:59: also diese verschiedenen Sekunden, die man dann halten soll
00:16:02: in den verschiedenen Atemmomenten.
00:16:05: Das ist sicher der erste Punkt.
00:16:06: Der zweite Punkt sind Beckenbewegungen,
00:16:11: also die klassische Beckenschaukel.
00:16:13: Ich sage immer gerne alles, was so bauchtanzähnlich ist,
00:16:16: also viele Becken kreisen in verschiedenen Ausgangspositionen,
00:16:20: also im Stehen, im Sitzen.
00:16:22: Vielleicht hat man diese großen Petsi-Bälle,
00:16:24: diese Sitzbälle zu Hause, da geht das immer sehr gut drauf.
00:16:27: Oder auch im Liegen natürlich.
00:16:30: Und ganz bewusst darauf achten, dass alles entspannt ist.
00:16:34: Also bei diesen Beckenbewegungen muss man gar nichts anspannen,
00:16:37: weder den Bauch einziehen noch den Beckenboden anspannen.
00:16:39: Da soll man wirklich im Idealfall versuchen, alles loszulassen.
00:16:43: Das gibt ja auch super schön Durchblutung in die Beckengegend,
00:16:47: was eben natürlich auch sehr gut ist.
00:16:52: Ich gebe gerne den Tipp noch mit,
00:16:55: was ich auch super praktikabel finde im Alltag.
00:16:59: Eine Handtuchrolle und dann die unter den Damm legen,
00:17:03: so längs, und dann einfach draufsitzen
00:17:05: und ein bisschen die Puhbacken auseinanderziehen
00:17:09: und dann wirklich so entspannt versuchen,
00:17:12: den Beckenboden darauf ablegen.
00:17:13: Die kann man natürlich auch unterschiedlich dick formen.
00:17:15: Ich finde, wenn man beispielsweise im Büro ist,
00:17:19: also Büroarbeit macht oder viel sitzt,
00:17:22: kann das auch gut einfach so zusätzlich zur Entspannung führen.
00:17:28: Absolut, ja, genau. Das ist ein guter Tipp.
00:17:31: Und was ich gerne mache, wenn es etwas aktiver wird,
00:17:34: was wir auch in den Kursen integrieren,
00:17:36: ist mit dem Igelball oder es kann auch mit einem Tennisball sein,
00:17:41: allenfalls mit einem Sockenknäuel.
00:17:43: Was hältst du davon, einfach rund um die Sitzbeinhöcker ausmassieren?
00:17:47: Ja, das finde ich auch ganz wichtig.
00:17:50: Aber das kann natürlich dann schon auch sehr schmerzhaft sein.
00:17:54: Also da würde ich wirklich empfehlen, langsam anzufangen.
00:17:58: Gerade wenn ich jetzt als Therapeutin weiss,
00:18:01: wir haben es mit einem sehr, sehr verspannten,
00:18:04: schmerzhaften Beckenboden zu tun,
00:18:06: dann fange ich immer gerne im Stehen an die Wand lehnend an.
00:18:10: Also dass man den Ball zwischen Wand und Gesäß einklemmt.
00:18:14: Und dann erst mal, da kann man ja den Druck sehr schön variieren.
00:18:18: Und wenn das dann gut geht, dann eben im Sitzen
00:18:20: und dann nach und nach eben einsinken lassen
00:18:24: und eben, so wie du sagst,
00:18:26: den Po rund um die Sitzbeinhöcker damit massieren.
00:18:29: Da bin ich froh um deine therapeutische Einschätzung,
00:18:32: weil genau eben, das kann ja dann auch ein Hinweis sein,
00:18:35: wenn das sehr schmerzhaft ist mit dem Ball,
00:18:37: dass vielleicht sehr viel Spannung da ist.
00:18:40: Und das ist sicher auch eine Übung, die wir gut,
00:18:42: du hast ja vorhin sehr schön gesagt,
00:18:45: eben beim Sport, auch wenn wir wissen,
00:18:47: wir haben eine Sportart, die sehr viel Druckbelastung gibt
00:18:51: im ganzen Bauchraum, dass wir da bewusst am Schluss
00:18:54: auch eine Beckenbodenentspannung einbauen.
00:18:56: Das ist ja auch ein gutes Beispiel, was wir einbauen können,
00:18:59: wenn wir keine Beschwerden haben, präventiv.
00:19:02: Genau.
00:19:04: Wenn jetzt eben eine Frau einen verspannten Beckenboden hat
00:19:08: und sie würde dich fragen,
00:19:11: darf ich dann überhaupt noch Sport machen?
00:19:13: Sie macht vielleicht eben eine Sportart,
00:19:16: sie läuft viel, hat viel High Impact
00:19:19: oder macht etwas mit Gewichten.
00:19:21: Was würdest du ihr raten?
00:19:23: Ja, absolut. Ich bin ja sowieso auch immer pro Sport,
00:19:26: fast egal, um welches Thema es geht.
00:19:29: Doch absolut weitermachen mit dem Sport,
00:19:31: aber natürlich die Aufmerksamkeit auch viel dann in die Entspannung lenken.
00:19:36: Ob das innerhalb dieser Sporteinheit ist,
00:19:39: je nachdem, was es dann ist,
00:19:41: dass man da halt sagt, jetzt habe ich drei, vier, fünf Übungen gemacht
00:19:45: und jetzt mache ich eine Entspannungsübung.
00:19:47: Oder dann sicher nach der Sporteinheit
00:19:50: sich noch mal eine Viertelstunde, 20 Minuten Zeit nehmen
00:19:52: und ganz bewusst in die Entspannung arbeiten.
00:19:57: Super. Das finde ich auch eigentlich immer sehr wichtig.
00:20:00: Das kann man ja auch abends dann nach Hause führen oder wann auch immer,
00:20:04: aber dass man wirklich das nicht vergisst,
00:20:06: die Entspannung des Beckenbodens.
00:20:09: Wenn wir jetzt noch zur Therapie kurz gehen,
00:20:11: wie gehst du vor, wenn du eine Patientin
00:20:13: mit deinem verspannten Beckenboden hast?
00:20:16: Ich fange, wie vorhin erwähnt, mit den einfacheren Sachen an,
00:20:20: die man wirklich auch gut im Alltag umsetzen kann.
00:20:23: Eben die Atmung,
00:20:28: die Beckenbewegungen
00:20:29: oder, wie du eben gesagt hast, die Eigenmassagen.
00:20:34: Dann nehme ich relativ schnell auch das Biofeedback-Training dazu.
00:20:40: Da haben Studien gezeigt, dass das mit das effektivste Training
00:20:44: bei einer überaktiven Muskulatur ist.
00:20:47: Für die, die das nicht kennen, man hat quasi eine Vaginalsonde,
00:20:50: die man sich einführt.
00:20:52: Und dann wird eben über Biofeedback gemessen,
00:20:56: also die Spannung gemessen.
00:20:57: Man kann dann entweder sehr rational,
00:21:00: einfach mit anspannen und entspannen,
00:21:02: oder auch ein bisschen spielerisch kann damit trainiert werden.
00:21:06: Und was eben vor allem hilft,
00:21:08: ist die visuelle Kontrolle von der Patientin.
00:21:10: Also wenn sie mal sieht,
00:21:13: so dieses klassische, eigentlich habe ich das Gefühl,
00:21:14: ich bin total entspannt, aber auf dem Gerät sieht man dann,
00:21:17: eigentlich ist da noch viel zu viel Aktivität.
00:21:20: Dass eben diese visuelle Kontrolle hilft,
00:21:24: das erst mal wahrzunehmen und dann daran zu arbeiten.
00:21:29: Was ich dann auch ganz gerne mache, sind eben manuelle Behandlungen.
00:21:33: Also myofasziale Techniken, Triggerpunktbehandlungen,
00:21:37: fasziale Ausstreichungen.
00:21:40: Extern, also Bauchbereich, Gesäß, Hüftmuskulatur,
00:21:45: Beinmuskulatur gehört dazu.
00:21:47: Aber wirklich auch intern, also vaginal,
00:21:50: dass ich diese Punkte drücke mit den Techniken
00:21:55: oder eben auch diese Muskelhartschränke ausstreiche
00:21:59: und dann eben die Frauen auch anleite,
00:22:02: wie sie das dann selbst machen können.
00:22:03: Oder auch der Partner, die Partnerin,
00:22:06: die werden dann sehr gerne auch noch mit einbezogen,
00:22:09: weil das einfach halt von der Körperposition,
00:22:12: ja, je nachdem, ein bisschen unbequem ist,
00:22:14: wenn man das selber machen muss.
00:22:17: Genau, und was ich dann auch noch relativ schnell gerne empfehle,
00:22:22: wenn ich merke, das ist eine Frau,
00:22:23: die da auch sehr offen mit umgehen kann,
00:22:26: sind Massagestäbe, Vibratoren,
00:22:30: weil einfach durch diese Vibrationen ja auch Muskulatur entspannt.
00:22:34: Und das halt auch was ist, was man mit wenig Aufwand
00:22:38: immer wieder zwischendurch mal für ein paar Minuten machen kann,
00:22:42: eben einfach, um die Entspannung zu unterstützen.
00:22:46: Vielen Dank für diese Ausführungen.
00:22:49: Du hast vorhin sehr schön gesagt,
00:22:51: eben hat man den Vergleich gebracht mit den angespannten Schultern,
00:22:54: dass die eben dann auch Schmerzen, Nacken und das ist ja eben,
00:22:58: wir wissen ja auch, Haltung natürlich,
00:23:01: aber vor allem auch stressbedingt.
00:23:03: Und das hast du eben schon erwähnt,
00:23:05: dass Stress sich auch am Beckenboden festhalten kann.
00:23:09: Und mit Trauma, möchtest du zu deinen Anfangsausführungen
00:23:13: noch etwas ergänzen oder vielleicht aus der Praxis
00:23:17: konkrete Beispiele, wie das aussehen kann?
00:23:20: Ja, also beim Thema Stress ist es so,
00:23:24: dass eben erst mal muss man natürlich herausfinden,
00:23:27: was ist Stress und was sind die Stressfaktoren
00:23:31: für die jeweils einzelne Frau?
00:23:34: Und dann schauen wir, warum stresst sie das
00:23:37: und gibt es wirklich Lösungen?
00:23:41: Also das kann von ganz kleinen Sachen sein,
00:23:45: die vielleicht den Haushalt betreffen oder Termine,
00:23:48: Termine mit den Kindern oder Verabredungen bis hin zu,
00:23:51: ich hatte tatsächlich letztens eine Patientin,
00:23:53: die dann gekündigt hat ihren Job,
00:23:55: weil das der Hauptstressfaktor ist.
00:23:57: Und sind wir ehrlich, sie konnte es sich aber auch finanziell erlauben,
00:24:00: einfach zu kündigen, ohne gerade einen neuen Job zu haben.
00:24:03: Das sind dann natürlich die krassen Veränderungen,
00:24:05: die großen Veränderungen,
00:24:06: die man auch, also die meisten Frauen
00:24:09: nicht einfach so von jetzt auf gleich machen können.
00:24:14: Aber da kann man schon sehr viel wirklich schauen,
00:24:17: auch so mit Tagesstruktur, Tagesplanung, Terminplanung.
00:24:21: Ist es jetzt nötig, am Abend noch den Termin wahrzunehmen
00:24:25: oder wäre es zwar schön, aber eigentlich stresst es mich mehr,
00:24:28: als dass es mich entspannt und mir Spaß macht.
00:24:33: Bei den sexuellen Traumata, das ist natürlich eine große Nummer,
00:24:39: auch für mich als Physiotherapeutin.
00:24:41: Ich bin nicht ausgebildet in Psychotherapie oder so.
00:24:45: Aber da ist es häufig, wenn wir zu dem Punkt kommen,
00:24:48: dass die Frauen überhaupt darüber reden, reden möchten,
00:24:51: dass sie das überhaupt äußern, dass das ein Thema ist,
00:24:54: dass sie die schlechten Erfahrungen gemacht haben,
00:24:57: dann sind das häufig auch die Frauen,
00:24:59: die bereits in der Psychotherapie sind,
00:25:02: regelmäßig und das Thema behandeln.
00:25:04: Manchmal nehme ich dann Kontakt auf, wenn das gewünscht ist,
00:25:07: mit der behandelnden Psychologin oder Psychotherapeutin,
00:25:10: dass wir gemeinsam daran arbeiten können.
00:25:14: Und manchmal gibt es aber auch Frauen,
00:25:15: die das ganz stark trennen möchten.
00:25:17: Und dann bleibe ich wirklich auf der rein physischen Seite
00:25:20: und versuche, daran zu arbeiten.
00:25:23: Vielen Dank für diese Ausführungen.
00:25:25: Wichtig ist ja sicher auch,
00:25:26: wenn man merkt, man hat Bedarf oder man muss etwas machen
00:25:33: bezüglich verspannter Beckenboden,
00:25:35: dass man sich professionelle Hilfe holt.
00:25:37: Es gibt ja auch noch weitere Diagnosen,
00:25:42: die im Zusammenhang mit einem verspannten Beckenboden stehen.
00:25:46: Ja, absolut. Es gibt den Vaginismus.
00:25:49: Es gibt ganz viel, das müssen wir gar nicht so ausführen.
00:25:52: Aber dann ist ganz klar, dass man das ärztlich abklären muss.
00:25:55: Und dann ist Physiotherapie, also Beckenbodentherapie,
00:25:59: erst mal der erste Schritt.
00:26:01: Okay, sehr gut.
00:26:06: Wir nehmen das Thema Beckenbodenentspannung
00:26:10: auch immer in all unseren Programmen auf,
00:26:13: weil wir auch sagen, es ist wichtig,
00:26:15: wenn wir keinen diagnoseverspannter Beckenboden haben,
00:26:19: dass wir die Entspannung
00:26:21: auch als wichtigen Teil des Beckenbodentrainings sehen.
00:26:24: Ich sage immer, der Muskel kann nur aus dem Vollen schöpfen,
00:26:27: wenn er wirklich loslassen kann.
00:26:29: Wenn wir wieder an den Bizeps denken,
00:26:31: wenn wir hier entspannt sind, können wir wirklich aktivieren.
00:26:34: Wenn wir schon angespannt sind,
00:26:35: können wir hier gar nicht aus dem Vollen schöpfen.
00:26:38: Hast du noch einen wichtigen Abschlusstipp
00:26:41: für jede Frau, den du mitgeben möchtest?
00:26:46: Ich finde, generell ist es wichtig, sich allgemein
00:26:49: um das Thema Entspannung immer wieder zu kümmern
00:26:52: und wirklich ganz bewusste körperliche Entspannung auch.
00:26:56: Damit meine ich nicht, sich einfach abends aufs Sofa zu legen,
00:26:58: sondern wirklich ein paar Atemtübe.
00:27:00: Das Beckenkippen, einfach ein bisschen achtsam sein.
00:27:04: Auch langsame Spaziergänge sind auch hilfreich.
00:27:09: Und was auch ein wichtiges Thema ist,
00:27:11: das habe ich jetzt gerade eigentlich vergessen noch anzusprechen,
00:27:14: ist das Thema Toilettengewohnheiten eigentlich.
00:27:18: Wenn man aufs WC geht zum Wasserlösen explizit,
00:27:22: dass man eben auf keinen Fall presst.
00:27:25: Dass man nicht nur, weil es schnell gehen muss,
00:27:27: in möglichst kurzer Zeit möglichst viel die Blase entlegen,
00:27:30: sondern sich die Zeit nimmt, es einfach laufen lässt
00:27:34: und da dann eben auch achtsam ist und in die Entspannung arbeitet.
00:27:42: Gut, das ist ein super Tipp zum Abschluss
00:27:45: und eigentlich auch einfach umsetzbar.
00:27:47: Ich danke dir vielmals, Caroline, für deine Zeit, deine Ausführungen.
00:27:53: Und wir haben ja noch ergänzend einen Blogbeitrag von dir,
00:27:56: wo man auch vieles nachlesen kann.
00:27:59: Danke dir.
00:28:01: Tschüss.
00:28:02: Tschüss.
00:28:22: Untertitelung. BR 2018